MEDICA / COMPAMED 2014 | 12.11.14 - 15.11.14 | Düsseldorf
Auf Übergewicht programmiert: Gewicht von Schwangeren beeinflusst ihre Kinder
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Info: Bis zu jeder fünfte Deutsche ist stark übergewichtig. Beim einen ist es die Ernährung, beim anderen ist es die Vererbung genetischer Anlagen. Ulmer Kinder- und Jugendärzte haben aber einen dritten Grund für Übergewicht und hohes Diabetesrisiko gefunden. Ist die Mutter in der Schwangerschaft über- oder stark untergewichtig, dann kann das ungeborene Kind durch Stoffwechselreaktionen auch auf Übergewicht "programmiert" werden. Eine Langzeitstudie hat ihnen geholfen, das zu entdecken.

Anmoderation: Die Hälfte der Deutschen ist übergewichtig, je nach Untersuchung ist bis zu jeder fünfte fettleibig. Wie aber kommt es dazu? Zum einen gibt es die Ernährungsgewohnheiten, zum anderen gibt es die Gene, die Neigung zu Adipositas kann also auch vererbt werden. Recht neu ist aber ein weiterer Grund, den der Ulmer Arzt Prof. Martin Wabitsch auf der Medica vorgestellt hat. Danach kann das Gehirn des Kindes während der Schwangerschaft auf Übergewicht "programmiert" werden, durch das Verhalten der Mutter. An Grundschulkindern untersuchten die Kinderärzte den Einfluss des Körpers der Mutter auf das Kind, sagt Martin Wabitsch.

O-Ton 1: "Übergerwicht in diesem Alter war unabhängig von anderen Einflussgrößen ... die Mutter, die schwanger wird, bestimmt mit ihrem Gewicht das Gewicht der Kinder, wenn die später in die Schule gehen."

Zwischenmoderation: Das Ärzteteam hatte das Glück, dass es in Ulm eine so genannte Kohortenstudie gibt. Jahrelang haben Ärzte einen ganzen Geburtsjahrgang und die Eltern dieser Kinder immer wieder untersucht. Dabei entdeckten nun die Kinderärzte des Zentrums für den kindlichen Stoffwechsel und Hormonkreislauf (Sektion Pädiatrische Endokrinologie, Uniklinik für Kinder- und Jugendmedizin Ulm), dass bei den Menschen offenbar Ähnlichkeiten zu Tierversuchen gibt.

O-Ton 2: "Wenn man zum Beispiel Mäuse während der Schwangerschaft überernährt ... dieses Insulin dann im weiteren Leben das Körpergewicht nach oben steigert ... später sind die Tiere dann stark übergewichtig."

Zwischenmoderation: Nun ist das eine bereits vorhandene Untersuchung an Tieren gewesen. Aber trifft das dann auch auf Menschen zu? Da es natürlich nicht geht, angehende Mütter für die Forschung zu mästen, hatten die Forscher das Glück der Kohortenstudie. Sie haben Daten aus verschiedenen Jahren genommen und verglichen.

O-Ton 3: "Und wir konnten Nabelschnurblut Insulin messen und konnten das Insulin messen im Alter von acht Jahren ... durch das Gewicht der Mütter vor der Schwangerschaft beeinflusst wird ... wir gehen davon aus, dass das sogar kausal zusammenhängt."

Abmoderation: Ein wenig vorsichtig formuliert ist es, doch Martin Wabitsch ist sich vollkommen sicher, dass die Beobachtung stimmt. Aber um nicht nur mit dem Zeigefinger zu wackeln und auf "die Dicken" zu zeigen: Auch zu geringes Gewicht der werdenden Mutter kann den Stoffwechsel des Kindes durcheinander bringen. Der Hungerwinter zum Ende des Zweiten Weltkriegs in den Niederlanden zeigte, dass Mütter mit einem Risiko für Übergewicht und Diabetes zur Welt bringen, wenn sie im ersten Drittel ihrer Schwangerschaft zu wenig essen.

O-Ton: Prof. Dr. med. Martin Wabitsch, Leiter Sektion Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Ulm, 89075 Ulm
Länge: 1:21 (3 Antworten, kürzbar und einzeln einsetzbar)
Autor: Harald Schönfelder

erstellt: 14.11.2014 
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