DGPPN Kongress 2009 | 25.11.09 - 28.11.09 | Berlin
Wenn es nicht mehr ohne Internet und Geballer geht - Phänomen Computersucht

Info: Wann wird die alltägliche Computernutzung zur Sucht? Wer gehört zur Risikogruppe und was kann man gegen die Abhängigkeit tun? Das Thema wird derzeit beim DGPPN-Kongress 2009 besprochen. Ein Kollegengespräch mit O-Tönen eines Suchtexperten und von Passanten.

Anmoderation: Viele von uns, wahrscheinlich sogar die allermeisten, sitzen tagtäglich ganz selbstverständlich am Computer. Doch die Computernutzung kann zur Sucht werden, egal ob gezockt wird oder nur E-Mails abgerufen werden. Vor allem Jugendliche sind betroffen.

Frage 1: Unsere Reporterin Sarah Tschernigow hat Passanten und einen Suchtexperten mit dem noch sehr jungen Forschungsthema konfrontiert. Sarah, was wissen Experten inzwischen über Computersucht?

Frage 2:
Wie verbreitet ist denn Computersucht eigentlich?

Frage 3: Wenn Eltern das Gefühl haben, ihre Kinder sind computersüchtig. Was sollten die tun?

Abmoderation:
Ja, Dankeschön Sarah Tschernigow, unsere Reporterin, die derzeit beim DGPPN-Kongress in Berlin zugegen ist und sich Informationen zum Thema Computersucht eingeholt hat. Den DGPPN-Kongress können Sie auch noch bis zum 28. November besuchen und sich mit Experten zu diesem und anderen Themen austauschen.

-----------------------

Antwort 1:
Sie wissen zum einen, dass es ein Thema ist, das vor allem Jugendliche, männliche Jugendliche betrifft. Männer gelten grundsätzlich als suchtgefährdeter, und außerdem richten sich die meisten Computerspiele an eine männliche Zielgruppe. Zum anderen ist der Begriff „Sucht" im Zusammenhang mit Computern noch recht umstritten. Prof. Dr. Andreas Heinz ist Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Charité in Berlin, am Campus Mitte, und der hat mir erklärt, was nämlich die Computersucht von anderen Süchten so massiv unterscheidet.
O-Ton 1
Exzessives Computerspielen ist also oftmals „nur" eine Phase in der Pubertät, aber Andreas Heinz plädiert für Langzeitstudien, um herauszufinden, wie geht es Menschen, die computersüchtig sind in 5 oder 10 Jahren. Hat das also auf lange Sicht gesehen Auswirkungen – das ist noch nicht gut genug erforscht.

Antwort 2: Das ist schwer zu sagen. In einer aktuellen Befragung von 10.000 Schülern bis 16 Jahren kam heraus, dass etwa 5% suchtgefährdet sind. Betrachtet man ausschließlich Computerspieler, so gelten 5-10% als exzessive Nutzer. Klingt erstmal nicht so viel. Was ich aber sehr interessant finde: Ich habe auf der Straße mal Passanten gefragt, wie viel Zeit sie durchschnittlich am PC verbringen. Die Antworten gingen sehr auseinander: Manche maximal eine Stunde am Tag, manche aber auch mal die ganze Nacht. Und einige kennen in ihrem Umfeld Menschen, die sie für computersüchtig halten oder glauben sogar selber betroffen zu sein:
O-Ton 2
 
Antwort 3:
So blöd es klingt: Man sollte mit ihnen darüber reden. Andreas Heinz sagt auch, dass es hilfreich bei der Absprache sein kann, Rituale zu schaffen. Also zum Beispiel sich darauf zu einigen: nach den Hausaufgaben eine Stunde an den Rechner.  
O-Ton 3
Therapieformen, die auf Computersucht zugeschnitten sind, gibt es übrigens in der Form noch nicht. Hier wird vor allem im Bereich der Verhaltenstherapie gearbeitet. Zunächst wird in Gesprächen herausgefunden, wofür steht die Sucht eigentlich und dann: was kann ich ihr entgegensetzen.

O-Ton: Prof. Dr. Andreas Heinz, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Charité Berlin, Campus Mitte, 10117 Berlin;
Passanten in einer Berliner Fußgängerzone
Länge: 3:07 (3 Antworten)
Autor: Sarah Tschernigow

erstellt: 26.11.2009 
Bereitstellung des mp3-Audios in Sendequalität (E-Mail-Versand oder direkt speichern)
Nach Eingabe von Name, E-Mail und Sender stellen wir Ihnen unsere Audio-Beiträge zur kostenfreien Nutzung unter Berücksichtigung unserer AGB zur Verfügung.
Ihre personenbezogenen Daten unterliegen selbstverständlich dem Datenschutz und werden nur für interne Zwecke verwendet.
* = notwendige Angaben
Beitrags-Funktionen
Ihr Ansprechpartner
Harald Schönfelder
Redaktion

h.schoenfelder@dhd-news.de