REHACARE International 2016 | 28.09.16 - 01.10.16 | Düsseldorf
Bundesteilhabegesetz: Vorhaben ohne Freunde
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Info: Auf der Rehacare hat das Bundesteilhabegesetz keine Freunde. So viel ist nach einem Besuch bei den Sozialverbänden sicher. Sie sehen eine Verschlechterung der Lebensbedingungen auf Behinderte zukommen. Nur ein paar kosmetische Punkte sehen sie positiv. Und ein Verwaltungswissenschaftler sieht gar einen Systemwechsel in der Sozialgesetzgebung, der zukünftig Behinderte, die nicht mehr berufstätig sind, aus dem Sicherheitsnetz fallen lässt.

Anmoderation: Wer auf der Rehacare schlechte Stimmung erzeugen will, der braucht nur das anstehende Bundesteilhabegesetz zu erwähnen. Dann werden in den Hallen der Messe Düsseldorf Köpfe rot und Schlagadern dick. Die auf der weltgrößten Messe rund um Behinderungen und Pflege vertretenen Verbände sind deutlich in ihrer Kritik.

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Beitragstext: O-Ton
Michael Spörke leitet die Abteilung Sozialpolitik beim NRW-Landesverband des Sozialverbands Deutschland und sagt, seit Monaten sei sein Verband in der Diskussion mit Politikern von der kommunalen bis zur Bundesebene. Das fatale an dem Gesetz, sagen er und seine Kollegen von den anderen Verbänden: So, wie das Gesetz zum ersten Mal in den Bundestag gegangen ist, bedeute es einen massiven Eingriff in das Leben von Behinderten. Vor allem, wenn sie auf Assistenten angewiesen sind. Sieben Hauptkritikpunkte hat der Sozialverband. Zwei davon sind diese.
O-Ton
Seltsam sei, sagt Michael Spörke, dass die Regierung dabei keine Verschlechterung für zukünftige Antragsteller sehe, trotzdem aber einen Bestandsschutz für bisherige Leistungsempfänger biete. Ein weiterer Punkt ist das "Poolen" der Assistenten, sie müssen sich im Zweifel entscheiden, welcher der von ihnen betreuten Menschen gerade die Hilfe am nötigsten hat. Die anderen zu dem Termin gehen leer aus. In der Freizeit ist das nicht das größte der Probleme, sagt Carsten Ohm, Leiter der Abteilung Sozialpolitik beim NRW-Landesverband des Sozialverbandes VdK.
O-Ton
Und auch unschöne Bedingungen bleiben, die die Sozialverbände eigentlich gekippt sehen wollten. So ist es Behinderten auch mit dem neuen Gesetz unmöglich fürs Alter zu sparen. Wer Eingliederungshilfe bekommt, darf nicht mehr als 25.000 Euro Vermögen haben. Im Jahr 2020 soll die Grenze zwar auf 50.000 Euro steigen, wer aber Pech hat und Pflege braucht, für den bleibt es bei einem mickrigen Vermögen von 2.600 Euro.
O-Ton
Hinter den Punkten steht der Wille, die Kosten für die Träger zu senken. Die Leistungen sollen günstiger werden. Der eigentlich gute Gedanke, die UN-Behindertenrechtskonvention endlich in nationales Recht umzusetzen, Behinderte bundesweit gleich zu behandeln statt von Land zu Land unterschiedlich, hat zu einem Systemwechsel geführt. Das sagt Harry Fuchs, als Abteilungsdirektor des Landesamtes für Soziales an der Ausarbeitung der Sozialgesetzgebung in den 90-er Jahren beteiligt. Die Systemveränderung liege an der Herauslösung der Eingliederungshilfe aus der Sozialhilfe.
O-Ton
Sobald aber der Behinderte nicht mehr berufstätig ist, greift wieder die Sozialhilfe mit den strengen Regeln, zum Beispiel was das Vermögen angeht. Noch geben die Verbände das Ringen um ein möglichst optimales Gesetz nicht auf. Wenigstens eine zweite Lesung gibt es noch. Ob das Gesetz die Zustimmung im Bundesrat übersteht, ist offen. Harry Fuchs rechnet mit einer allgemeinen Unzufriedenheit, die zu einer Neufassung in den nächsten Jahren führt.
Harald Schönfelder, Redaktion ... Düsseldorf

O-Ton: Dr. Michael Spörke, Leiter Abteilung Sozialpolitik. Sozialverband Deutschland Nordrhein-Westfalen e. V., 40231 Düsseldorf;
Carsten Ohm, Leiter Abteilung Sozialpolitik, Sozialverband VdK Nordrhein-Westfalen, 40217 Düsseldorf;
Dr. Harry Fuchs, Dipl.-Verwaltungswirt, Abteilungsdirektor a.D. (stellv. Präsident des Landesamtes für Jugend, Soziales und Versorgung Rheinland-Pfalz), 40625 Düsseldorf
Länge: 4:20 (divers kürzbar)
Autor: Harald Schönfelder

erstellt: 29.09.2016 
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