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Info: 1957 kam das Schlafmittel Contergan auf den Markt. Es war Namensgeber für einen der größten Medizinskandale weltweit. Von Schwangeren eingenommene Tabletten schädigten deren ungeborene Kinder erheblich. Etwa 4.000 Kinder kamen in Deutschland mit missgebildeten Gliedmaßen auf die Welt und haben oft noch weitere schwere körperliche Probleme. Die ältesten der noch lebenden Betroffenen sind jetzt 55 Jahre alt. Ihr Interessenverband stellt sich auf der Medica vor, die Landesregierung nennt das Projekt "beispielhaft".
Anmoderation: Der größte Skandal im Gesundheitswesen hat bis heute in Deutschland rund 2.600 Überlebende. Contergan war das Medikament, dessen Wirkstoff in den 50er und 60er Jahren ungeborenen Kindern schwere Schäden im Mutterleib zufügte. Sie leiden bis heute unter verkürzten Gliedmaßen, missgebildeten Hüften oder Sinnesorganen. Auf der Medica, der Gesundheitsmesse der Messe Düsseldorf, hat sich der Interessenverband Contergangeschädigter NRW vorgestellt.
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Beitragstext: O-Ton fasst Sofia Plich vom Interessenverband der Contergangeschädigten NRW die körperliche Situation der Betroffenen zusammen. Sie selber hat unter anderem verkürzte Arme, die wenigen ausgebildeten Fingerspitzen reichen bis etwa auf Höhe normal gewachsener Ellenbogen. Grund für die Probleme ist der Wirkstoff Thalidomid des Schlafmittels Contergan, der in den späten 50er und frühen 60er Jahren von Schwangeren eingenommen, in den Körpern ihrer Kinder wütete. O-Ton Das Medikament verhinderte das Wachstum von Knochen und Organen, es sorgte dafür, dass die Adern in Armen und Beinen viel zu kurz wurden. Deshalb leiden viele Opfer an verstümmelten Gliedmaßen. Aber im Prinzip ist der ganze Körper von den Missbildungen betroffen. Und das sorgt bei der ärztlichen Behandlung für Probleme. O-Ton Dazu kommt noch, klagt der Interessenverband der Contergangeschädigten, dass die Ausbildung der Ärzte in diesem Bereich heute etwas zu wünschen übrig lässt, nicht in der Spezialisierung, sondern in der Basisausbildung. O-Ton Die Betroffenen wollen das ändern und haben sich in dem Interessenverband organsisiert. Sie streben einmal gegenseitige Hilfe der Behinderten untereinander an, zum anderen wollen sie auch Fachärzte einbinden. O-Ton Ein weiteres Problem kommt auf die Überlebenden des Skandals in den nächsten Jahrzehnten im Alter zu, denn Altersheime oder Pflegeheime sind auf ihre schweren Probleme nicht eingestellt, zum anderen haben einige Betroffene eine gewisse Scheu vor Heimen. O-Ton Da der Wirkstoff außer bei schwersten Krebserkrankungen in Deutschland nicht mehr eingesetzt werden darf, ist klar, dass der Verband keinen Nachwuchs mehr bekommt. Interessant ist das vom Land NRW als beispielhaft gewürdigte Projekt aber auch für andere Behinderte, sagt Sofia Plich. O-Ton Hier in Deutschland werden die Opfer weniger, weltweit ist Thalidomid immer noch für Schlagzeilen gut. In Spanien hat gerade ein Gericht den früheren Hersteller Grünenthal zu einer hohen Entschädigungszahlung verurteilt, in Südamerika nehmen Frauen noch heute aus Unwissenheit den dort für die Lepraheilung zugelassenen Wirkstoff. Harald Schönfelder, Redaktion, Düsseldorf Aus Düsseldorf Harald Schönfelder
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