Info: Reporterin Sarah Tschernigow ist beim DGPPN-Kongress im Berliner ICC. Dort geht es bis zum 24.11. um aktuelle Fragen und Untersuchungen rund um Psychiatrie und Psychotherapie. Eines der Schwerpunktthemen ist "Psychotherapie im Alter". Die Reporterin erklärt, warum sich auch mit 80 noch eine Psychotherapie lohnt, dazu O-Töne einer Psychiaterin.
Anmoderation: Depressionen und Suchterkrankungen haben nichts mit dem Alter zu tun. Doch während bei alten Menschen vor allem körperliche Symptome behandelt werden, wie Rückenschmerzen oder Schwerhörigkeit, wird die Psyche bei ihnen oft vernachlässigt. - Das Thema Psychotherapie im Alter ist auch wichtiges Thema beim DGPPN-Kongreß.
Frage: Dort ist unsere Reporterin Sarah Tschernigow (sprich: Tschernigoff). Lohnt sich denn mit 70 oder 80 Jahren überhaupt noch eine Therapie?
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Antwort: Ja, das ist immer so die Klischeevorstellung: der Patient ist alt, er hat sein Leben gelebt, das lohnt sich nicht mehr, den kann man eh nicht mehr ändern. Das sind verhärtete Denkstrukturen. Tatsächlich aber spricht die Wissenschaft dagegen, sagt Prof. Dr. Vjera Holthoff. Sie ist stellvertretende Leiterin der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Dresden. Und sie sagt: egal ob jung oder alt – im Falle bspw. einer Depression sind die Erfolgsaussichten gleich – und zwar gleich gut! O-Ton Das ist ganz schön beachtlich. Das Problem ist also nicht, dass ältere Menschen mit psychischen Erkrankungen nicht gut behandelt werden können (im Übrigen sind ältere Menschen genauso häufig depressiv oder suchterkrankt, wie jüngere), sondern, ein großes Problem, laut Prof. Holthoff ist es, dass die alten Menschen schlichtweg keine Behandlung bekommen. Sie bekommen keinen Therapieplatz. O-Ton Und das wiederum, sagt sie, liegt oft daran, dass Menschen, die heute 60, 70 oder 80 Jahre alt sind einfach aus einer Generation stammen, in der man über so was nicht gesprochen hat. Da kannte man das Thema Therapie so noch nicht. Es bedeutet für Alte Menschen also einen großen Schritt zum Therapeuten zugehen. Wenn er es dann aber wagt, wie schon gesagt, gibt es gute Erfolgsaussichten. Allerdings ist die Therapie bei alten Menschen etwas anders. Da geht es vor allem darum, den ALLTAG wieder herzustellen. O-Ton Woran es noch mangelt, das sind Fachkräfte, die sich darauf spezialisiert haben, und in der Tat ist es ein Problem, dass die Gesellschaft altert, das heißt es gibt in Zukunft immer mehr pflegebedrüftige Menschen, bei gleichzeitig weniger jüngeren, die sich kümmern können.
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