Info: In den Nachrichten flimmern die Bilder von der evakuierten Plattform in der Nordsee. Zum ersten Mal scheint ein Bohrinsel-Unglück vor der Haustür Europas seinen Lauf zu nehmen. Dabei handelt es sich längst nicht um den ersten Unfall. In dem Kollegengespräch gehen wir auf Beinahe-Katastrophen der vergangenen zehn Jahre ein und haken nach, was solche Unglücke für die deutschen Unternehmen bedeuten.
Anmoderation: Noch immer ist nicht raus, wieso unter der Plattform in den Gasfelder Elgin in der Nordsee Gas ausströmt. Der Betreiber Total hat längst alle 238 Mitarbeiter evakuiert und Sperrzonen für Flugzeuge und Schiffe rund um die Plattform eingerichtet. Es sieht fast danach aus, als warte man nur darauf, dass alles in die Luft fliegt. Das wäre sicher der schlimmste Fall der eintreten könnte. Noch ist es aber längst nicht so weit und wir wollen hoffen, dass sich das Unglück vor der Küste Schottlands in die Liste der Beinahe-Katastrophen einreiht. Denn davon hat’s in der Vergangenheit schon einige gegeben. Reporter Patrick Pröbsting hat einige mal zusammen getragen.
Frage 1: Patrick, wo sind wir und ist die Natur denn schon mit einem blauen Auge davon gekommen?
Frage 2: Wenn jetzt Unfälle auf Bohrinseln nicht gerade ausgeschlossen sind, wieso gibt es so viele davon - ist das so ein lukratives Geschäft?
Frage 3: Jetzt hatten wir vor gerade einmal zwei Jahren das Unglück mit der Ölplattform von BP, der Deepwater Horizon im Golf von Mexiko. Jetzt eine Gasplattform bei uns fast vor der Haustür. Wie gehen die Unternehmen damit um?
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Antwort 1: Dass in der Nordsee Erdgas gefördert wird, das gibt’s ja schon länger. Seit den 60er Jahren. Große Katastrophen sind uns aber bislang erspart geblieben. Aber die Beinahe-Katastrophen sind teils noch gar nicht lange her. Zum Beispiel im Mai 2008. Da entdeckten Mitarbeiter bei einer Kontrolle auf der norwegischen Bohrinsel Statfjord Gas in einem Versorgungsschacht. Alle 200 Mitarbeiter mussten sofort die Plattform verlassen. Und ebenfalls im Mai, allerdings 2002, da krachte ein Fischerboot im dichten Nebel gegen eine Gasplattform. Dabei wurde eines der Standbeine beschädigt - 110 Menschen wurden evakuiert. Passiert ist aber in beiden Fällen nichts.
Antwort 2: Darüber habe ich mich mit einigen Firmen auf der Düsseldorfer Messe wire & tube unterhalten. Die stellen unter anderem die Rohre her, mit denen Öl oder Gas aus der Tiefe gefördert werden. Natürlich lässt sich mit Öl und Gas immer noch sehr viel Geld verdienen, aber die Kosten und damit auch das Risiko sind immens. Allerdings bekommen manche Firmen auch Hilfe vom Staat. Ob jetzt Geld oder Genehmigungen - Europa will sich mit den Plattformen eine gewisse Unabhängigkeit von den rohstoffreichen Ländern wie Russland oder Saudi-Arabien verschaffen. Und, günstiger Nebeneffekt: Weil teils sechs/sieben Kilometer tief gebohrt wird, kommen Forscher nebenher an günstige Bodenproben.
Antwort 3: Die beobachten das natürlich ganz genau was da passiert und wie schlimm alles aussieht. Markus Renner zum Beispiel - er arbeitet für einen der Weltmarktführer in Düsseldorf - der Vallourec - Mannesmann, die stellen Stahlrohre her, mit denen zum Beispiel Öl oder Gas gefördert wird. Ein Unglück auf einer Bohrinsel hat immer zwei Seiten, sagt er. O-Ton Er hält es für möglich, dass die Sicherheitsvorschriften jetzt wieder verschärft werden. Dann wäre Qualität "made in Germany" möglicherweise wieder der Renner. |