DGPPN Kongress 2010 | 24.11.10 - 27.11.10 | Berlin
Jeder von uns kann zum Mörder werden!

Info: Nach dem grausamen Mord in Niedersachsen wird über die Schuldfrage diskutiert: Hätten die Eltern vorher etwas merken und eingreifen müssen? Welche Rolle spielt das Internet? Und schüren Computerspiele tatsächlich Gewalt, die zum Exzess führt?

Anmoderation: Es liegt wohl in der Natur des Menschen, dass er Unerklärliches erklärbar machen will. Der brutale Mord an zwei Jugendlichen in Niedersachsen ist eine für die meisten völlig unerklärliche Tat. Der Mörder ging äußerst brutal vor, die Medien sprechen von reiner Mordlust. Aber kann irgendjemand daran wirklich Schuld haben? Können Medien einen Menschen zum Mörder machen? Prof. Dr. Jürgen Müller, Sie sind Sprecher des Referats für forensische Psychiatrie der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde. Was muss passieren, damit ein Mensch zum Mörder wird? Gibt es so etwas wie Mordlust?

O-Ton 1: "Solche Täter sind zum Glück sehr selten ... Hinweise in der Biografie ... Mordlust kein wissenschaftlicher Begriff ... möglicherweise sadistische Strukturen ... muss man im Einzelfall prüfen."

Zwischenmoderation:
 Im Internet hat der Täter mit dem Mord geprahlt. Welche Rolle spielt das Internet hinsichtlich der Tatmotivation und hinsichtlich des Umgangs mit der Tat?

O-Ton 2: "Ich kann zu diesem Fall nichts Genaues sagen ... Internet spielt wichtige Rolle für Kontaktgestörte ... die da virtuell Anerkennung suchen ... für so was ist das Internet geeignet."

Zwischenmoderation:
Ist das ähnlich wie bei Amokläufern: die berühmten 15 Minuten Berühmtheit?

O-Ton 3:
"Ich glaub das muss man auseinander halten ... unterschiedliche Sachen."

Zwischenmoderation:
Der Vater des Täters soll gesagt haben, dass er die Tat seinem Sohn zutraut, aber wirklich erahnt haben will niemand etwas. Kann man das glauben? Sind die Eltern nicht Mitschuld, wenn Sie die Entwicklung ihres Kindes nicht mitbekommen?

O-Ton 4: 
"Man kann das sicher nicht voraussehen ... rückblickend ist es anders ... schwierige Kindheit ... Kontaktschwierigkeiten ... kleinere Delikte ... schwierigere Taten.

Zwischenmoderation: Sind wieder die Computerspiele an allem Schuld, wie gerne unterstellt wird?

O-Ton 5: 
"Ich glaub nicht, dass es dazu führt ... vielleicht umgekehrt ... virtuell ausprobieren ... das ist nahe liegend."

Zwischenmoderation:
Kann jeder von uns ein Mörder werden?

O-Ton 6: 
"Die Frage muss man eindeutig bejahen ... andere Konstellationen ... geschützt ist keiner ... in einer affektiv besetzen Situation ... Konfliktsituation ...  niemand gefeit, zum Mörder zu werden."

Abmoderation: Danke Herr Müller. Wir sprachen mit ihm darüber, was einen Menschen zum Mörder macht. Es ist also meistens ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Über das Motiv des Täters, der die grausamen Morde in Niedersachsen begangen hat, ist bislang nichts Faktisches bekannt.

O-Ton: Prof. Dr. Jürgen L. Müller, Sprecher des Referats für forensische Psychiatrie und Psychotherapie der DGPPN, Chefarzt Forensische Psychiatrie, Ludwig-Meyer-Institut, 37081 Göttingen;
Länge: 3:33 (6 O-Töne, einzeln einsetzbar)
Autor: Sarah Tschernigow

erstellt: 26.11.2010 
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