 ©Foto:Messe Düsseldorf
Info: Nina Kleinöder ist die erste Wissenschaftlerin, die den Arbeitsschutz von den Unternehmen her erforscht hat und nicht von den Gesetzen her. Unter anderem für diesen Ansatz hat die gebürtige Oberhausenerin den drupa-Preis 2015 der Uni Düsseldorf und der Messe Düsseldorf verliehen bekommen. Im Kollegengespräch geht es um ihr Promotionsthema und die Arbeit an der Doktorarbeit.
Anmoderation: Schutzhelme, Betriebsärzte und höhenverstellbare Bürotische sind alle Teil des Arbeitsschutzes. In Düsseldorf sind sie jetzt (01.06.2015) Inhalte einer Preisverleihung gewesen. Zum ersten Mal hat eine Wissenschaftlerin die Rolle von Unternehmen beim Arbeitsschutz untersucht. Die 32-jährige Nina Kleinöder, aus Oberhausen stammend und in Düsseldorf arbeitend, hat für ihre Arbeit "Betrieblicher Arbeitsschutz in der westdeutschen Eisen- und Stahlindustrie im 20. Jahrhundert" den drupa-Preis verliehen bekommen. Den stiften jedes Jahr die Messe Düsseldorf und die Heinrich-Heine-Universität für eine herausragende Doktorarbeit aus den Geisteswissenschaften. Unser Reporter Harald Schönfelder war bei der Preisverleihung.
Frage 1: Harald, was war an der Arbeit preiswürdig?
Frage 2: Dabei geht es ja um den Arbeitsschutz in der Stahlbranche des Ruhrgebiets. Welche Gründe hatten die Firmen, ihre Arbeiter zu schützen?
Frage 3: Wie hat sich das letzten Endes ausgewirkt, wie haben sich die Unfallzahlen über die Jahrzehnte verändert?
Frage 4: Fünf Jahre hat Nina Kleinöder an den mindestens 400 Seiten der Arbeit geschrieben. Wie war die Arbeit?
Abmoderation: In Düsseldorf haben die Uni Düsseldorf und die Messe Düsseldorf den drupa-Preis - benannt nach der gleichnamigen Druck- und Papiermesse - an Nina Kleinöder überreicht. Sie hat den Arbeitsschutz in den großen Stahlfirmen Mannesmann, Hoesch, Krupp und Thyssen untersucht und darüber ihre Doktorarbeit geschrieben.
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Antwort 1: Da gibt es gleich mehrere Gründe. Einmal ist es das Thema. Der Arbeitsschutz an sich ist schon öfters bearbeitet worden, allerdings noch nie mit dem Fokus aus den Unternehmen. Bisher waren es immer die Gesetze, die die Hauptrolle gespielt haben. Was die Unternehmen von sich aus getan haben, um ihre Arbeiter vor Unfällen zu schützen, das hat bisher keine Rolle gespielt, bis Nina Kleinöder kam. Die Rektorin der Heinrich-Heine-Universität, Anja Steinbeck, sagt zu den Gründen: O-Ton Grundvoraussetzung für den drupa-Preis ist auch, dass die Doktorarbeit mit der besten Note ausgezeichnet ist, summa cum laude. Da gab es in diesem Jahr sechs nominierte Arbeiten und die von Nina Kleinöder war davon diejenige, die die Jury als preiswürdig gefunden hat.
Antwort 2: Da gab es mehrere Gründe. Zum einen war schon vor hundert Jahren klar, dass es einfach billiger ist, die Arbeiter mit Schutzausrüstung auszustatten, statt sie einfach Unfälle erleiden zu lassen. Zum anderen gab es aber gerade im Bereich Stahl auch früh eine Mitbestimmung durch die Gewerkschaften, die zum Beispiel den Arbeitsdirektor stellten, sagt Nina Kleinöder. O-Ton Das heißt aber nicht, dass die Unternehmer selber Getriebene waren. Früher gab es auch schon gesetzliche Bestimmungen, die zu den Berufsgenossenschaften geführt haben und auch gerade im Ruhrgebiet haben die Unternehmer als Firmenpatriarchen sich schon früh um einzelne Schutzmaßnahmen ihrer Arbeiter gekümmert.
Antwort 3: Also, ich habe ja schon mit einer deutlichen Veränderung gerechnet. Aber den starken Rutsch nach unten habe ich so nicht erwartet. Klar, hier geht es um die Eisen- und Stahlindustrie, also Betriebe mit heißem Material, mit schweren Werkzeugen, schlechter Luft, all dem. Trotzdem ist der Rückgang enorm. O-Ton Das liegt auch an den Gesetzen, die erlassen wurden. Aber Nina Kleinöder sagt, es liegt eben nicht daran allein. Die Gesetze seien auch durch die Erkenntnisse in den Unternehmen erlassen worden. Und die Firmen seien eben auch darüber hinaus aktiv gewesen. O-Ton Und da geht es dann eben nicht nur um Schutzhelme und Co, sondern auch um Ideen, um monotone, stupide Arbeiten interessanter zu machen und so Unfälle zu vermeiden, nur mal als Beispiel.
Antwort 4: Dadurch, dass es Neuland war, war es natürlich eine Art Pionierarbeit. Das heißt, sie hat sich durch die, wie sie sagt, ziemlich gut geführten, Archive der Firmen gewühlt. Fünf Jahre waren dabei eine normale Zeit für eine Doktorarbeit, aber sie hat in der Zeit noch eine Familie mit Kind gegründet und sich auch in ihrer Dankesrede für die bedingungslose Unterstützung ihres Mannes bedankt. Und das Ergebnis, die Doktorarbeit als Buch, die ist gerade im Druck, deshalb steht die Seitenzahl noch nicht ganz fest, zwischen 400 und 500 Seiten werden es wohl sein, sagt Nina Kleinöder. O-Ton Dann werden auch interessierte Leser außerhalb der Uni Düsseldorf das Buch lesen können. Ihre Doktorarbeit müssen die Doktoranden selber finanzieren, da kommen die 6.000 Euro des Preises ganz recht.
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